as one sees
Jeppe Lauge | solo
30. April – 9. Juli 2021














Als einer der aufregendsten Landschaftsmaler unserer Zeit, stellt Jeppe Lauge unsere Sehgewohnheiten in Frage. Er unterzieht unsere Betrachtung einer substanziellen Verwirrung.
Die Ausstellung präsentiert sieben neue Werke auf Leinwand sowie ein Triptychon. Die Arbeiten können unter einer Werkgruppe „Porträts von Bäumen“ zusammengefasst werden. Schon der Titel der Ausstellung deutet an, dass es nicht nur um die bloße Darstellung eines Baumes oder einer Baumgruppe auf der Leinwand geht – wie wir sie bei Generationen von LandschaftmalerInnen gesehen haben.
Es geht Jeppe Lauge um den Dualismus des Sehens. Während eine Ebene der Bilder dem Betrachter in klar realistischer Malerei die Szenerie präsentiert, legt sich zeit- und ebenengleich eine milchige Version desselben Motivs über die Leinwand. Diese Ebene durchzieht das Bild konsequent und in stark¬¬¬er Nähe zur geometrischen Abstraktion. Das Sehen der Gemälde wird so zuallererst zu einer Suche. Die Suche nach Fokus, nach Halt, nach Erkennen, nach Klarheit.
Einige kognitive Prozesse später oder mit etwas Abstand von der Bildoberfläche offenbaren sich die Verschiedenheiten in der subjektiven Wahrnehmung des Gesehenen von Individuum zu Individuum – in einer ähnlichen Weise wie bei Rorschach-Bildern. Sehen wir alle das Gleiche? Ist das, was man sieht, valider als das, was der Andere sieht?
Die technische Raffinesse mit der Jeppe Lauge die Farbe in einem orchestrierten Prozess auf die rohe Leinwand bringt, vergegenwärtigt die akribische Herangehensweise des Künstlers an die Malerei. Seine Kompositionen sind durchdacht und akkurat umgesetzt. Erst ganz am Schluss des Schaffensprozesses bahnt sich die unbändige Lust auf Farbe ihren Weg. So finden wir mit dicker Farbe aufgespachtelte Bildumrandungen oder dicke Farbkleckse über den Ebenen des Bildes. Diese kraftvolle Materialität, die wild und zufällig als Kontrapunkt pastos auf die Leinwand getropft und gespritzt wird, erzeugt auf den Gemälden eine dritte, tiefere, aber auch subtilere Ebene.
Schon bei Jeppe Lauges ersten Arbeiten um 2010 finden sich mehrere Ebenen, in denen Figuration und Abstraktion gitterartig in einem Gemälde zusammenfinden. Ab 2015 spiegelt sich in seinen Motiven dann die Natur als hauptsächliches Thema wider. Natur als Gegenpol zu Kultur und die Schwierigkeit der Abgrenzung beider voneinander ist nach wie vor sein Hauptanliegen. In zunehmendem Maße thematisiert Jeppe Lauge in den letzten Jahren die Haltung und Einstellung zu unserer natürlichen Umgebung, ob angepflanzt oder wild gewachsen.
Jeppe Lauges aktuelle Arbeiten zeigen neuerdings ein gestörtes Motiv. Mit unserem digitalen Bildgedächtnis wirken die Gemälde mitunter als würde eine Bilddatei beschädigt oder eine Anzeige am Bildschirm noch nicht in voller Auflösung möglich sein. Jeppe Lauge sagt, Landschaft sei für ihn nur eine Metapher für andere dahinterliegende, vom Sujet losgelöste Inhalte. Die Metapher einer gestörten Sicht auf unsere natürliche Umwelt ist ein hochaktuelles und brisantes Thema der Gegenwart.
