Expectations


Alexandra Baumgartner

11. April – 27.Mai 2022

Die Erwartung ist auf ein Ereignis in der Zukunft gerichtet und damit ist die Erwartung auch das Ungewisse, etwas, dass man nicht vollständig kontrollieren kann. Durch Veränderungen bricht Alexandra Baumgartner gezielt Erwartungen wie beispielsweise die Änderung von Größenverhältnissen. Die Installation The Unknown ist das Kernstück ihrer Einzelausstellung. Hierfür wurde die Form einer Lampe der 70er Jahre adaptiert und im Maßstab 1:10 raumfüllend vergrößert. Ihrer Funktion gänzlich entledigt, wird die Form zur leeren Hülle ihrer selbst und somit zum unbekannten Objekt. Die Vergrößerung der Proportionen erzeugt eine surreale, beengende Raumsituation. Die Stubenlampe als Symbol behaglicher Wohnlichkeit, die das traute Heim als vermeintlichen Ort der Sicherheit und Geborgenheit beleuchtet, wird in diesem überlebensgroßen Format zur Falle: Verspannungen und Schatten verschieben Realität und Fiktion. Der Mensch wird von dieser Raumnahme verdrängt.

 Ausgangsmaterial von Alexandra Baumgartners Arbeiten sind gefundene Objekte und Fotografien, die durch Eingriffe verändert und in einen neuen Kontext gestellt werden.

Baumgartner seziert wie ein Chirurg unerbittlich ihr vorgefundenes Material. Sie lässt Gegenstände weg, sie löscht Personen aus oder entreißt ihr Motiv seiner kompletten Umgebung wie wir es bei Kosmos oder Analogie sehen. Auch scheut sie sich nicht vor Verdoppelungen und Übereinanderlagerungen (Vanitas, Distance, Expectation I-II) um eine den Betrachter verstörende Bildsprache zu verstärken. Auch simple Gegenüberstellungen (Distance) werden bei Baumgartner zu seltsamen Objekten, die eine unheimliche Atmosphäre in sich tragen.

Das eigentlich Befremdliche der Arbeiten von Alexandra Baumgartner liegt aber in dem bloßen Umstand, dass sie sich unserer schnellen Interpretation entziehen. Auch ihre Bildtitel geben nichts Erklärendes preis. Bewusst lässt die in Wien lebende Künstlerin den Betrachter mit der Ambiguität ihrer Werke allein, manchmal, fast ironisch, in dem sie wie in Absence einen stark spiegelnden Rahmen wählt, der den Betrachter zum Teil des Kunstwerkes werden lässt. Eine Frage, was hier wohl geschehen sei, wo die Person geblieben ist, da man nur noch deren leere Kleiderhülle wie eine Skulptur besichtigen kann, wecken Erwartungen an Erklärungen, die aber unbeantwortet bleiben. Das Werk versteinert in einem unerklärlichen Moment, den der Betrachter aushalten muss, so irritierend es auch sein mag. 

Skulpturen als Platzhalter, übereinander gelagerte Fragmente über einstmals reale Personen und Szenen des Alltags, Personen als Skulpturen eingefroren, dahinter der reale Mensch, nun nicht mehr sichtbar (Expectation I, II ), das Make-up erweist sich als Zerfall, wie ein Spiegelbild, in Erwartung der eigenen Vergänglichkeit (Vanitas), ein Portrait in einen liegenden Mädchenkörper collagiert, übereinander gelagerte Wesen, symbiotisch wie die beiden Schmetterlinge, fragil und vergänglich (Distance).

Baumgartners Themen lassen sich nicht im Vorbeigehen entschlüsseln. Sie schont ihre Betrachter keineswegs. Rätsel ohne Lösung liegen in der Luft. Diese Ausstellung ist tief bewegend und in ihrer Haltlosigkeit so eine engagierte Anregung, die eigenen Erwartungen ganz im Allgemeinen zu hinterfragen und den Umgang mit Mehrdeutigkeit zu trainieren.